In diesem Beitrag werden neue Forschungsergebnisse zur Bedeutung der Kategorie ‚Geschlecht‘ in Eltern-Kind-Beziehungen vorgestellt. Die zentrale These lautet, dass gegenwärtig eine Entwicklung zu beobachten ist, die sich als ‚Paradoxie der Gleichheit‘ beschreiben lässt: Die gesellschaftliche Verankerung der Gleichheitsnorm führt dazu, dass ‚Geschlecht‘ im Hinblick auf den eigenen Erfahrungsraum ‚de-thematisiert‘ wird. Ein feministisch bzw. sozialwissenschaftlich informierter Blick auf die eigene elterliche Praxis findet nicht statt, weil die Erziehung egalitär ausgerichtet ist. Geschlechtstypisches Verhalten der Kinder wird individualisierend interpretiert. Flankiert wird dies durch eine Haltung der Vermeidung erzieherischer Intervention. In der Folge können geschlechtstypische Verhaltensmuster bei den Kindern als rein individuelle Charakterzüge erscheinen und eine neue Selbstverständlichkeit erfahren.