Sebastian Winter: Kritische Vaterschaftsdiskurse

Aktuelle Entwürfe von Väterlichkeit zeichnen sich oft durch die Integration vormals als ‚weiblich‘ apostrophierter Eigenschaften und Tätigkeiten in eine stabile Männlichkeit aus. Was zunächst positiv klingt, wird jedoch regelmäßig in antifeministisches Ressentiment verkehrt: Väterrechtler etwa aus den Reihen der AfD wähnen sich dann von einer weiblichen Vorherrschaft ihres Rechts auf die Kinderpflege beraubt. Solchen Imaginationen unterliegt eine affektive Dynamik. Hegemoniale Männlichkeit konstituiert sich nach wie vor durch eine Autonomiebehauptung über die Abwehr von Abhängigkeit und die bemächtigende Wiederaneignung des dabei scheinbar Verlorenen. Der vordergründige Wunsch nach mehr Beteiligung an der Kinderpflege lässt sich vor diesem Hintergrund lesen als aggressive Fantasie einer männlichen Selbstvervollständigung, die sich weibliche Potenzen nicht wegnehmen lassen will, sondern diese in die Männlichkeit integrieren. Die affektiven Konflikte und Widersprüche im Erleben des Vaterseins werden so verleugnet.